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Kapitalanlagebetrug
Kapitalanlagebetrug: 100 Millionen Euro sammeln – ohne Aufsicht
20. Mai 2006 - von: - In: Standpunkt - Keine Kommentare vorhanden

Vermögensverwalter Jens Richter stellt ein Angebot aus Dresden vor, das ihm recht spanisch vorkommt.

Kapitalanlagebetrug: Ein Berater der Infinus Finanzdienstleistungsinstitut AG in Dresden drängt den hiesigen Rechtsanwalt B. zur Anlage in Orderschuldverschreibungen der Dresdner Future Business KGaA. Das seien absolute Topprodukte, bei denen es das Risiko eines Totalverlusts nicht gäbe. Der Anwalt denkt aber wegen seiner hohen Steuerbelastung eher an eine Immobilieninvestition, sei aber aufgrund einer Steuernachforderung ohnehin nicht flüssig.

Zwischenüberschrift 1

Der Infinus-Berater bringt nun Wohnungen in Striesen ins Spiel, die monatlich für 7,50 und 7,60 Euro por Quadratmeter vermietet seien. Der Anwalt meint, das sei wohl äußerst selten und wenn, dann nur kurzfristig möglich. Er ahnt Schlimmes und findet folgendes heraus: Die Emittentin der Schuldverschreibungen ist nicht als Finanzdienstleistungsinstitut von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassen. Geschäftsbereiche sind der Erwerb und die Verwertung von Lebens- und Rentenversicherungspolicen, die Beteiligung an Firmen der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsmaklerbranche sowie der Erwerb von Grundstücken.

Zwischenüberschrift 2

Ihre verbundenen Vertriebsunternehmen sind die Moritzburger Versicherungsmakler GmbH, die Capital Business AG in Frankfurt am Main und die im Dezember 2003 gegründete Infinus Vertrieb & Service AG.Deren Schwester, die Infinus Finanzdienstleistungsinstitut AG, hat seit Juli 2003 die BaFin-Erlaubnis zur Erbringung der Anlage- und Abschlussvermittlung. Sie fungiert als Haftungsdach für mehr als 300 Vermittler. Einige von ihnen standen früher als Repräsentanten in den Diensten der heute insolventen BFI-Bank AG.

Zwischenüberschrift 3

Sicher, die BaFin hat den Emissionsprospekt der Future Business KGaA über deren Schuldverschreibungen in Höhe von 100 Millionen Euro geprüft. Doch, was heißt das? Nur, dass formell alles in Ordnung ist. Eine Überprüfung der Bonität oder der Richtigkeit des Inhalts macht die BaFin nicht. Weil das Problem der Aufsichtsbehörde bekannt ist, weist sie stets darauf hin, dass von einem hinterlegten oder veröffentlichten Prospekt „nicht auf die Seriosität der angebotenen Anlage oder auf die Bonität des Emittenten geschlossen werden kann.“

Dem Jahresabschluss 2004 zufolge hat das Dresdner Unternehmen rund 45 Millionen Euro in Form von Anleihen und Genussrechten eingeworben. Etwa 27 Millionen Euro stecken in Rückkaufswerten aufgekaufter Lebensversicherungen. Stolze 16,6 Millionen Euro sind Forderungen und Beteiligungen gegen oder an das verbundene Firmengeflecht.

2,4 Millionen Euro für Zinskosten und ähnliche Aufwendungen deuten auf eine Verzinsung der Schuldverschreibungen von 5,3 Prozent hin, wenn der Zahltag der 31.12. ist. Da die Emittentin eine kleine Kapitalgesellschaft ist, erfolgt derzeit keine Prüfung des Jahresabschlusses.

Fazit

Die Unternehmenskonstruktion ist sehr clever. Erstaunlich ist, dass in Deutschland 100 Millionen Euro Kapitalanlage ohne geprüften Jahresabschluss emittiert werden dürfen. Dabei wären die Prüfungskosten relativ bescheiden. Gute Finanzmarktaufsicht sieht anders aus.

 

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